[Mediaevistik] Heilig Geist-Orden

[Herwig Weigl]

Sehr geehrter Herr Bickel,
> Im Herbst findet in Ostisland eine kleine Tagung zu dem in der 
> Ausgrabung befindlichen Skriðu-Kloster statt. Die Skelette im 
> Gräberfeld zeigen durchweg, dass hier die meisten an verschiedensten 
> Krankheiten litten, von Tuberkulose bis Syphilis. Die wenigen Skelette 
> ohne Krankenbefund dürften von den Mönchen oder von Pfründnern, die 
> gegen eine Stiftung ihren Lebensabend dort verbringen durften, stammen. 
das klingt interessant. Dass die Verhaeltnisse in Island anders waren 
als im urbanisierten Mittel- oder gar Suedeuropa, liegt freilich auf der 
Hand.
> Die Armenfürsorge war anders geregelt. Bekannt ist nur, dass die 
> Mönche nach der "Regel des Augustinus" lebten. In der isländischen 
> Geschichtsschreibung wird meist von Augustiner-Klöstern geschrieben, 
> von denen es mehrere gab. Aber da kommen eigentlich weder 
> Augustiner-Eremiten noch Chorherren in Frage, weil letztere ja in 
> Verbindung mit einem Domkapitel zu sehen sind,
letzteres nicht zwingend. Neben den regulierten Domkapiteln gab (und 
gibt) es durchaus viele Chorherrenkloester am Land, uebrigens auch mit 
England, mit dem m.W. die skandinavischen Kirchen in recht engem Kontakt 
standen. Aber ich wuerde auch lieber von "Regularkanonikern" als von 
"Chorherren" sprechen. Das laesst die lokale Ausgestaltung offener. 
Bevor das durchgebildete kanonische Recht am Kontintent die meisten 
Spontanentwicklungen niederbuegelte, gab es auch dort eine Fuelle von 
Gemeinschaften, die irgendwie reguliert lebten, ohne in ein exaktes 
Schema zu passen. Und Island ist ja nicht gerade beruehmt dafuer, den 
Ordnungsvorstellungen der Kanonisten streng zu folgen.
> Kongregationen zu gehören, sehr wichtig und erklärt da vieles. Das 
> passt dann auch zu der Vorschrift des IV. Laterankonzils von 1215, 
> dass alle klösterlichen Gemeinschften, die noch keine Regel hatten, 
> sich nach der Regel des Hl. Augustinus zu richten hätten.
ja, das steht wohl dahinter. Nur weil es mir kuerzlich untergekommen 
ist: Ein Dominikanerinnenkloster wird in einem Papstbrief als sub regula 
s. Augustini et secundum instituta fratrum ordinis Predicatorum 
bezeichnet, und auch eine Gemeinschaft wie die Prager Kreuzherren beruft 
sich auf die Augustinerregel.

Beste Gruesse, Herwig Weigl