[Mediaevistik] [Kochbuchforschung] Kochbuch Michaelbeuern #3 (< kryptischeZutaten ...)

Uwe Weigand uwe.weigand at yahoo.de
Do Feb 27 05:14:05 CET 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Jägersprache ist Schweiß das Blut eines Tieres. So denke ich, dass Sie damit durchaus richtig liegen.

Waidmannsheil
Uwe Weigand


 
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Zeppezauer-Wachauer Katharina <Katharina.Wachauer at sbg.ac.at> schrieb am 18:07 Mittwoch, 26.Februar 2014:
 
 
Lieber Herr Gloning, lieber Herr Wallace, lieber Helmut, liebes Kochbuch-Forscherteam, liebe Mediävistik-Liste!
 
Mittlerweile bin ich selbst beim Lemmatisieren über das von Ihnen/euch genannte Hirschmus-Rezept Nr. 33 in cpg 583 gestolpert (…vnd nym dann den swaiss von ainem kalb den lass in ein wein, so wirt dy farb vein, vnd gwürcz es wol vnd zucker es wol.). 
Auch der Vergleich der fraglichen Zutaten aus Michaelbeuern, kapfwais und lannpleis (…vnd nim ain kapfwais oder ains lannpleis vnd sewd in mit wein vnd reib ez durch ein pfeffer pfann.), mit Salzburg UB M I 128 (…die farib mu:ess vo{n} eine{m} kalb sein vn{d} lass die farib in ein wein So wirt dass ge= müss) hilft ungemein weiter. Es wird sich wohl wirklich Blut zum Färben der Speise hinter den Begriffen verstecken.
 
Die letzte klärende Einsicht in die Hs. muss ich noch aufschieben, werde dies aber in absehbarer Zeit erledigen (habe nun sozusagen Kalbs- und Lammblut geleckt). Ich werde meine Erkenntnisse gerne an die Liste(n) weitergeben.
In der Zwischenzeit bedanke ich mich im Namen der MHDBDB herzlich für die großartige Mithilfe!
 
Mit freundlichen Grüßen aus Salzburg,
Katharina Wachauer
 
-- 
Mag. Katharina Zeppezauer-Wachauer, MA
Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank (MHDBDB)
Erzabt-Klotz-Straße 1, 5020 Salzburg, Österreich

Telefon: +43 (0)662 8044 4341
eMail: katharina.wachauer at sbg.ac.at
Internet: wachauer.htm

P.S.: Please consider the environment before printing this email
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: kochbuchforschung-request at lists.uni-giessen.de [mailto:kochbuchforschung-request at lists.uni-giessen.de] Im Auftrag von Helmut Werner Klug
Gesendet: Sonntag, 9. Februar 2014 20:04
An: Thomas.Gloning at germanistik.uni-giessen.de
Cc: kochbuchforschung
Betreff: Re: [Kochbuchforschung] Kochbuch Michaelbeuern #3 (< kryptischeZutaten ...)
 
Lieber Thomas,
 
ich kann folgende Hinweise beisteuern:
 
1. Bleiweiß
 
Ausgehend von der Rezeptdatenbank (ca. 3200 diätetische Texte) kann ich feststellen, dass Bleiweiß nicht in Speisenzubereitungen verwendet worden ist, medizinisch aber schon: (Zum Lesen des der Texte einloggen ...)
 
http://medieval-plants.org/mps-daten/archives/recipe/pflaster-wolfenbuttel-herzog-august-bibliothek-cod-guelf-16-17-aug-4°
http://medieval-plants.org/mps-daten/archives/recipe/salbe-wolfenbuttel-herzog-august-bibliothek-cod-guelf-16-17-aug-4°
http://medieval-plants.org/mps-daten/archives/recipe/salbe-gegen-brandwunden-wolfenbuttel-herzog-august-bibliothek-cod-guelf-16-17-aug-4°
 
Die Zutat kommt hier immer als bliwiß vor.
 
Die Färbung von Wildgerichten mit Blut (dunkelbraun bis schwarz) ist nicht ungewöhnlich, es gibt weitere Wild- und Kalbsmusrezepte, die mit Blut färben, wobei die Herkunft des Blutes variiert, was mit der Frische der Zutat zu tun hat. Alternativ wird auch gebrannter Lebzelten genannt, der auch wieder schwarz färbt.
 
2. Das Rezept, das in Salzburg und Michaelbeuren überliefert ist gibt es noch ein drittes Mal:
http://medieval-plants.org/mps-daten/archives/recipe/hirschmus-heidelberg-universitatsbibliothek-cpg-583
 
3. Den niederdeutschen Text würde ich auf keinen Fall als „ähnlich" bezeichnen! Das ist ein von Grund auf anderes Rezept.
 
LG
Helmut
 
 
 
 
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Mag. Helmut W. Klug
Grosswoellmiss 41
A-8580 St. Martin a.W.
Styria / Austria
 
tel: 0043-650-2031261
skype: helmut.klug
 
http://medieval-plants.org
http://uni-graz.academia.edu/HelmutWKlug
http://www.klugi.com/
 
Am 09.02.2014 um 13:37 schrieb Thomas.Gloning at germanistik.uni-giessen.de:
 
> 
> Liebe Listenmitglieder,
> 
> vor einiger Zeit tauchte die Frage nach den beiden dunklen Ausdrücken in der Michaelbeuerner Kochbuchhandschrift Man. cart. 81 auf. Es geht um das Rezept #3 der Edition von Ehlert u.a. und um die Ausdrücke, die dort mit "kapfwais" und "lannpleis" transkribiert sind.
> 
> wildw von einem hirssen ein gemuß machen, So seüd das wilbrät an die stat. vnd wann ez gesotten ist, So laz chalt werden vnd hak ez clain. vnd nim ain kapfwais oder ains lannpleis vnd sewd in mit wein vnd Reib ez durch ein pfeffer pfann. gewurcz ez wol vnd mit zukker. So du dez nicht hast, So ny::mb honnig. vnd lass ez wallen, vnd gib ez auff den tisch.
> 
> Soweit ich sehe, ist die Frage noch nicht abschließend gelöst und noch nicht ausführlicher diskutiert.
> 
> Sam Wallace schickte mir vor einigen Tagen die folgenden Hinweise, die ich hier zunächst wiedergebe:
> 
> << Hello,
> I am hesitant to post this directly to the list as it is mostly concerns my work on the Salzburg M I 128 manuscript, which you have noted is based on a possibly flawed transcription. Having said that, this recipe is very similar to Ein hirssein gemuess (Fol. 328v-329r). Those two ingredients, kapfwais and lannpleis, take the place of the unspecified color or perhaps the spices in that recipe. I found another similar recipe from Wel ende edelike spijse that uses ginger and saffron. It makes me wonder what would have been considered a desirable color for a deer stew.
> When I was looking at this, it occurred to me that there might be a possibility that one of these terms refers to white lead. Do you know if there are examples in German texts of using lead as a colorant for food?
> Yours,
> Sam Wallace >>
> 
> Frau Ehlert und die MitarbeiterInnen schreiben auf S. 132: "Es lassen sich keine wörtlichen Parallelen in den bisher bekannten Kochrezeptsammlungen nachweisen". In anderen Rezepten sind durchaus Parallelrezepte aus der Salzburger Handschrift UB M I 128 transkribiert, z.B. Seite 132 unten, wo zum Rezept Michaelbeuern #5 ein Parallelrezept aus Salzburg UB M I 128 abgedruckt wird, das von Marianne Honold transkribiert wurde. Auch Michaelbeuern #1 und #2 haben Parallelen in der Salzburger Handschrift.
> 
> Das von Sam Wallace erwähnte Rezept in der Salzburger Handschrift lautet:
> 
> ### 48 ###
> Ein hirssein gemu:ess
> UOn gemu:ess heb wir wider an wildu
> ein hirssen gemüss han dass wildpra:et <<329a>> seud an die stat vn{d} 
> gesot{e}n lass werd{e}n kalt vn{d} daz wildpra:(SP)t Sol sein rain 
> vn{d} hack ess chlain die farib mu:ess vo{n} eine{m} kalb sein vn{d} 
> lass die farib in ein wein So wirt dass ge= müss fein vn{d} lass 
> den{n} swaiss in ein wein ut sup{ra} vn{d} gu:et gewu:ercz mu:est du 
> dar czw:e han vn{d} den czu:ecckk{er} mu:estu auch nicht lan Ob ainer 
> dez czuckk{er} nicht enhat Der nemb hoe= nig an die stat etc.
> 
> Das Rezept aus "Wel ende edelike spijse" in der Fassung von Frau Muusers:
> 
> .viij. Venysoen herten ende hynden ghesneden by sneden wel 
> ghelaerdeert al rau siedet in vele wijns ende lettel waters laert 
> daerin ghesneden soffraen ginge bare Caneele daer in ghenouch
> 
> 
> Jetzt zunächst zur letzten Frage von Sam. Könnte hier Bleiweiß (white lead) als Färbemittel mit im Spiel sein? Gegen diesen Vorschlag spricht die Tatsache, dass Bleiweiß giftig ist. Es wäre also als Färbemittel von Nahrung ungeeignet.
> 
> 
> Nun zum ersten Vorschlag: Hilft uns die Salzburger Handschrift M I 128 bei der Behandlung des Micheaelbeuerner Rezepts #3?
> 
> Soweit ich sehe, ist das Rezept aus der Salzburger Handschrift tatsächlich in weiten Teilen eine Parallelüberlieferung zum Michaelbeuerner Rezept, auch wenn das im Stellenkommentar der Ehlert-Edition nicht verzeichnet ist. An der rätselhaften M-Stelle steht in S diese Formulierung: "die farib mu:ess vo{n} eine{m} kalb sein". Wenn man in S zusätzlich im Rezept # 47 nachsieht (in 48 heißt es "ut supra"), dann wird dort swais(s), also Blut, in Wein aufgekocht.
> 
> Mein nächster Schritt wäre nun, die Michaelbeuerner Handschrift einzusehen. Ich wäre nicht überrascht, wenn da so etwas  stünde wie: "... vnd nim ain kalpswais oder ains lampleins ..." (Nimm Kalbsblut oder Blut von einem Lamm).
> 
> Hat jemand die Möglichkeit, Bilder der Rezepte aus der Michaelbeuerner Handschrift zu besorgen?
> 
> Sam, Dir sehr herzlichen Dank für die wichtigen Hinweise! Ich vermute, wir sind auf der richtigen Spur ...
> 
> Herzlich
> Thomas / Thomas Gloning
> 
> 
> 
 
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