[Mediaevistik] BSB Muenchen: Inkunabelausstellung

Bettina Wagner Bettina.Wagner at bsb-muenchen.de
Mit Aug 19 11:30:31 CEST 2009


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

gestern wurde in der Bayerischen Staatsbibliothek Muenchen eine Inkunabelausstellung eröffnet:

"Als die Lettern laufen lernten - Medienwandel im 15. Jahrhundert" 

Bis Ende Oktober sind sind 90 herausragende Objekte aus der Münchener Inkunabelsammlung zu sehen, die mehr als 20.000 Exemplare von 9.700 Druckausgaben des 15. Jahrhunderts umfasst.

Weitere Informationen finden Sie unten und auf
http://www.bsb-muenchen.de/Einzeldarstellung.403+M541bca65648.0.html

Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit Texten in deutscher und englischer Sprache erschienen:

Als die Lettern laufen lernten: Medienwandel im 15. Jahrhundert 
Inkunabeln aus der Bayerischen Staatsbibliothek München 
[Ausstellung 19. August - 31. Oktober 2009] 
[Ausstellung und Katalogredaktion: Bettina Wagner]. 
Wiesbaden : Reichert-Verlag, 2009. 
240 S. : zahlreiche farbige Illustrationen. 
(Ausstellungskataloge / Bayerische Staatsbibliothek 81) 
Preis: 19,90 €

Der Katalog kann über den Buchhandel oder direkt von der Bibliothek bezogen werden:
http://www.bsb-muenchen.de/Ausstellungskataloge-und-mehr.265.0.html

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Wagner

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Die Erfindung des Buchdrucks durch Johann Gutenberg wird häufig als "Medienrevolution" bezeichnet und mit den Auswirkungen der "elektronischen Revolution" der vergangenen Jahrzehnte verglichen, denn beide Geschehen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Herstellung und die Verbreitung von Texten. Die Ausstellung möchte demgegenüber veranschaulichen, dass in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht ein plötzlicher Umbruch, sondern ein allmählicher Ablösungsprozess stattfand. Zwar wurden bei der Buchherstellung zunehmend Drucktechniken eingesetzt, aber die ältesten Drucke, die Wiegendrucke oder Inkunabeln, weisen immer noch zahlreiche individuelle Charakteristika auf, die von Hand erzeugt wurden. Innovation und Tradition überlagern sich so in vielfältiger Weise: die modernen Techniken zur gedruckten Vervielfältigung von Texten und Bildern, etwa der Holzschnitt und der Druck mit beweglichen Lettern, verdrängten das Abschreiben von Hand nur allmählich, und gedruckte Bücher wurden noch über lange Zeit von Hand korrigiert, mit farbigen Überschriften und gemalten Bildern ausgestattet.

Aus den reichen Inkunabelbeständen der Bayerischen Staatsbibliothek, die mit über 20.000 Exemplaren weltweit eine Spitzenposition einnimmt, werden etwa 90 Objekte gezeigt. In der Schatzkammer sind die berühmtesten Wiegendrucke zu sehen, darunter die GutenbergBibel und der Türkenkalender von 1454, ein Unikat der Münchener Sammlung. Neben Bildhandschriften und Blockbüchern sind Wiegendrucke mit gemalten Miniaturen und herausragende Beispiele der Holzschnittillustration zu sehen, etwa der Bericht des Mainzer Domherrn Bernhard von Breydenbach über seine Reise nach Palästina, Hartmann Schedels persönliches Exemplar seiner Weltchronik und Sebastian Brants "Narrenschiff", für das Albrecht Dürer zahlreiche Bilder entwarf. Gezeigt werden auch Beispiele für andere druckgraphische Verfahren, wie der Kupferstich und Metallschnitt und der Farb- bzw. Golddruck, mit denen im Inkunabelzeitalter experimentiert wurde. 

Im zweiten Teil der Ausstellung werden Herstellung und Vertrieb gedruckter Bücher an ausgewählten Beispielen nachvollzogen - beginnend mit der handschriftlichen Druckvorlage bis hin zum Käufer und Leser. Einblicke in die Produktionsabläufe in Druckerwerkstätten geben Probedrucke und gedruckte Rubrikatorenanweisungen. Allmählich bildeten sich moderne Konventionen der Buchgestaltung wie Titelblätter heraus. Wie leistungsfähig Druckereien schon im 15. Jahrhundert waren, belegen Wiegendrucke in nichtlateinischen Schriften und in ungewöhnlichen Formaten ebenso wie Zeugnisse für Auflagenhöhen gedruckter Bücher. Völlig neue Leserkreise erreichte das neue Medium des Einblattdrucks. Plakate und Flugblätter konnten nun in großer Zahl produziert werden und dienten zur Verbreitung der unterschiedlichsten Texte - von frommen Liedern über medizinische Ratschläge bis hin zu aktuellen Informationen. Als Werbemittel trugen sie zum finanziellen Erfolg der frühen Buch-drucker bei, der sich im rapiden Preisverfall gedruckter Bücher spiegelt: Mit dem Eintrag eines Käufers von 1494, der sein Erstaunen über den geringen Preis einer Inkunabel zum Ausdruck bringt, endet die Ausstellung. Vierzig Jahre nach der Gutenberg-Bibel hatte sich der Buchdruck am Markt endgültig gegen die Konkurrenz älterer Verfahren der Textverbreitung durchgesetzt. Auch wenn konservative Kreise weiterhin für das Abschreiben von Texten mit der Hand plädierten, erwies sich der Siegeszug des gedruckten Buchs als unaufhaltsam - der nun massenhaft verfügbare Lesestoff überforderte aber auch so manchen Käufer wie Sebastian Brants "Büchernarren". 

In der Ausstellung steht ein kostenloser Audioguide in deutscher Sprache zur Verfügung. 
 
Öffnungszeiten 
Montag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 19.00 Uhr,
Samstag / Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr.
An Feiertagen geschlossen. 

Ort 
Bayerische Staatsbibliothek, Fürstensaal und Schatzkammer, 1. Stock 
Ludwigstr. 16, 80539 München 
U3/U6, Bus 154, Haltestelle Universität 

Eintritt frei 

Kontakt

Allgemeine Fragen, Führungen: 
Bayerische Staatsbibliothek, Öffentlichkeitsarbeit 
Tel.: +49 89 28638-2115 
veranstaltungen at bsb-muenchen.de 

Fachliche Fragen: 


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Dr. Bettina Wagner
Abteilung fuer Handschriften und Alte Drucke
Bayerische Staatsbibliothek
Ludwigstr. 16
D-80539 Muenchen
Germany
email: bettina.wagner at bsb-muenchen.de
Tel. +89 / 28638-2982 
Fax. +89 / 28638-12982 oder 2266
postbox: D-80328 Muenchen
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Inkunabelkatalog der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB-Ink) online: 
http://mdz1.bib-bvb.de/cocoon/bsbink/start.html
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IFLA Rare Books and Manuscripts Section:
http://www.ifla.org/en/rare-books-and-manuscripts
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IFLA RBMS pre-conference August 2009:
http://www.bsb-muenchen.de/339.0.html