[Mediaevistik] Wes Brot ich ess

Sabine Seelbach o. Ulrich Seelbach seelbac at uni-muenster.de
Mon Okt 1 17:43:26 CEST 2007


Liebe Frau Fiebig,

für Ihre Frage war doch entscheidend, wo der früheste (deutschsprachige) 
Beleg zu finden war? Alles Genannte - außer der von Frau Linden genannte 
Tugendhafte Schreiber - liegt doch später als 1300 (bei Wander: Brot 303 
ein Fülle von Rezeptionsbelegen, auch in Nachbarsprachen; unschlagbar 
bleibt allerdings (von Herrn Limbeck nach Walther: Proberbia zitiert) 
Egberts von Lüttich lateinischer Beleg aus dem frühen 11. Jh., "Fecunda 
ratis", nicht "Facunda", lib. 1, V. 445: Cuius enim panem manduco 
carmina canto, zit. nach der "Library of latin texts" - über die 
Nationallizenz der heim. Unibibliothek aufrufen).
Für den T.S. ist es ein alter Spruch! (die alten sprüche sagent uns daz 
swes brot man essen wil, des liet sol man ouch singen gerne, zit. nach 
der Manesse-Hs. C, Bl. 307a). Auch Helmut Tervooren (Sangspruchdichtung 
1995, S. 9) hat keinen früheren (deutschsprachigen) Beleg finden können:
"Daß das bis heute gern zitierte Sprichwort "Wes Brot ich eß, des Lied
ich singe" zum ersten Mal [!] bei einem Sangspruchdichter (Der
tugendhafte Schreiber, HMS II,153: XII,2,12 f.) überliefert ist, hat
eine innere Logik und beweist zur Genüge: Die Sangspruchdichter haben
sich ständig neu auf Situation und Publikum einzustellen. Das konnte
nicht ohne Folgen für den Wortlaut ihrer Texte und das Engagement ihrer
Strophen sein." (Tervooren, l.c.)

Mit besten Grüßen, U. Seelbach