[Mediaevistik] Handschriftenkataloge BSB: Neuerscheinung und Projektbewilligung

Rahel Bacher Rahel.Bacher at bsb-muenchen.de
Mo Jul 30 10:27:14 CEST 2018


Neuer Handschriftenkatalog zu deutschsprachigen mittelalterlichen Handschriften der BSB erschienen

Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die mittelalterlichen Handschriften aus Cgm 5255-7000 einschließlich der althochdeutschen Fragmente Cgm 5248. Beschrieben von Elisabeth Wunderle. Wiesbaden 2018.

Der Fonds der deutschsprachigen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München (Codices germanici monacenses) zählt neben den einschlägigen Beständen der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und der Universitätsbibliothek Heidelberg zu den vier bedeutendsten Sammlungen weltweit. Der Bestand umfasst aktuell ca. 13.000 Codices, darunter etwa 2.100 mittelalterliche.

Der Band setzt die wissenschaftliche Tiefenerschließung der mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München fort. Die 114 hier beschriebenen Codices wurden aus dem Bestand der Signaturengruppe Cgm 5255 bis Cgm 7000 ausgewählt. Zusätzlich aufgenommen wurden die unter Cgm 5248 gesammelten althochdeutschen Fragmente. Die Handschriften gelangten auf unterschiedlichen Wegen in die Bayerische Staatsbibliothek: 61 wurden im Laufe des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts von verschiedenen Institutionen, vor allem dem Allgemeinen Reichsarchiv München und der K. Kreisbibliothek Regensburg abgegeben; die weiteren wurden hauptsächlich durch Ankäufe im Antiquariatshandel erworben. Der überwiegende Teil der Handschriften ist im 15. Jahrhundert entstanden. Entstehungsgebiet der meisten Handschriften sind der bairisch-österreichische und der alemannische Sprachraum. Etliche konnten bestimmten Klöstern zugeordnet werden. Die inhaltliche Bandbreite ist sehr groß: Das Schrifttum, das der religiösen Praxis und Andacht diente, nimmt einen breiten Raum ein; einen weiteren Schwerpunkt bilden Codices mit Texten zur bayerischen Geschichte; stark vertreten ist auch die medizinische Literatur. Ein Beispiel für eine reich mit Buchschmuck ausgestattete Handschrift ist Cgm 6406, die ‚Weltchronik‘ des Rudolf von Ems. 

Projekt zur Tiefenerschließung illuminierter Handschriften bewilligt

Am 12. Juli 2018 wurde ein weiteres Tiefenerschließungsprojekt des Handschriftenzentrums bewilligt: Mittelalterliche Handschriften: Katalogisierung der illuminierten Handschriften französischer Provenienz der Bayerischen Staatsbibliothek München. Teilprojekt 2: Handschriften des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. In einer Projektlaufzeit von 3 Jahren kann somit die Tiefenerschließung der illuminierten Handschriften nicht-deutscher Herkunft durch die erfahrene Bearbeiterin Ulrike Bauer-Eberhardt abgeschlossen werden.

Neben umfangreichen Beständen an lateinischen und volkssprachigen Handschriften, die im deutschen und italienischen Kulturraum mit Buchmalerei ausgestattet wurden, verwahrt die Bayerische Staatsbibliothek auch einen im Vergleich zu anderen deutschen Institutionen herausragenden Bestand mittelalterlicher Handschriften mit Buchmalerei französischer Provenienz. Einschließlich der Handschriften aus den – wegen der Mobilität der Künstler und Codices nicht immer abgrenzbaren – Nachbarregionen (Spanien, England) umfasst der einschlägige Münchener Bestand insgesamt 437 Codices. Neben dem bedeutenden und bekannten Goldenen Münchner Psalter (Clm 835) aus Oxford aus dem 1. Drittel des 13. Jhs. umfasst der Fonds z.B. auch 35 aus den verschiedenen bayerischen Klöstern in den Besitz der BSB gelangten französische Bibeln des 13. Jhs., die aufgrund ihres kleinen Formats auch als Taschenbibeln bezeichnet werden.

In der ersten Projektphase wurden von diesen 293 Codices bearbeitet. Dabei handelt es sich um Handschriften, die zwischen dem späten 10. und dem Ende des 14. Jahrhunderts in Frankreich entstanden sind, sowie alle englischen und spanischen illuminierten Handschriften. 

Im nun beantragten zweiten und letzten Teilprojekt sollen in einer abschließenden Phase von drei Jahren die verbleibenden 144 Handschriften des 15. und frühen 16. Jahrhunderts französischer Provenienz sowie illuminierte Handschriften benachbarter Regionen (Belgien, Niederlande) in gleicher Weise nach den entsprechenden DFG-Richtlinien von der gleichen Bearbeiterin erschlossen werden. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse in einer Printpublikation und im Internet im Rahmen von open access zugänglich zu machen.

Mit Buchmalerei ausgestattete Handschriften stellen für die Kunstgeschichte ein zentrales Quellencorpus dar, da sie in erheblich größerer Zahl erhalten geblieben sind als andere zweidimensionale künstlerische Objekte des Mittelalters wie z.B. Fresken oder Tafelgemälde. Illuminierte Codices sind aber auch für andere mediävistische Disziplinen, angefangen von der Geschichtswissenschaft, der Theologie und den Philologien bis hin zu Fachrichtungen wie der Medizin- und Rechtsgeschichte von hoher Relevanz, denn sie ermöglichen über die reine Funktion als Vermittler textlicher und visueller Informationen hinaus vielfältige Erkenntnisse über Rezeptionsinteressen, Ausstattungsniveaus und Text-Bild-Zusammenhänge. Die vertiefte Beschreibung illuminierter Handschriften, zum einen in Bezug auf ihre kunsthistorische Einordnung aufgrund entstehungs- und stilgeschichtlicher Merkmale und zum anderen in Bezug auf ihre inhaltlichen und ikonographischen Bedeutungsebenen, hat sich daher als Verfahren der systematischen Quellenerschließung bewährt und stellt eine solide Grundlage für die weitere wissenschaftliche Auswertung – auch über den spezialisierten Kreis der Kunsthistoriker hinaus – zur Verfügung. 

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Carolin Schreiber, carolin.schreiber at bsb-muenchen.de 
Dr. Elisabeth Wunderle, elisabeth.wunderle at bsb-muenchen.de 
Dr. Ulrike Bauer-Eberhardt, ulrike.bauer-eberhardt at bsb-muenchen.de 

Mehrfachempfang bitten wir zu entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rahel Bacher
Abteilung für Handschriften und alte Drucke
Bayerische Staatsbibliothek
Ludwigstr. 16
80328 München
rahel.bacher at bsb-muenchen.de




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