[Mediaevistik] Konferenz: Staunen als Grenzphänomen, Zürich, 28.–31. Januar 2015

Maximilian Benz maximilian.benz at ds.uzh.ch
Fr Dez 5 14:06:04 CET 2014


STAUNEN ALS GRENZPHÄNOMEN

Staunen indiziert eine (noch) nicht kategorisierbare Fremdheit und konstituiert damit eine Grenze des Verstehens und Wissens. Im antiken philosophischen Diskurs bestimmt das Staunen (θαυμάζειν) die Grenze zum Unwissen und ruft einen Schwindel der Verunsicherung hervor, aus dem heraus sich ein Begehren nach Wissen entwickeln kann.

Es ist zugleich auch Ausdruck einer semantischen Leere vor dem Fremden, das sich dem Erfahrungswissen entzieht. Es ist ein Moment der verunsichernden Re-Flexion auf die Begrenztheit des eigenen Bereichs und gleichzeitigen Öffnung des Blicks auf ein Neues, Anderes, Fremdes: So ist dem Staunen eine intrikate Ambivalenz inne.

Einerseits wird Staunen zum Stimulus eines Begehrens nach Grenzüberschreitung, sei dies im Bereich des Wissens, der Macht oder der Imagination. Anderseits kann Staunen aber auch, als Ende jeden Begehrens, zum Indiz einer Unfassbarkeit werden, zum Ausdruck eines Zustands, in dem sich ein radikal anderes, nicht mehr an Körper und Verstand gebundenes Wissen ereignet. Auf dem Hintergrund dieser Phänomene stellt sich dann auch die Frage, inwiefern Staunen im Kunstdiskurs zu einem Moment des lustvollen Verharrens auf den Grenzen der Wahrnehmung, des Wissens und der Erfahrung werden kann.

Die Tagung hat zum Ziel, aus verschiedenen Disziplinen und im Blick auf verschiedene historische Zeiten die Aufmerksamkeit auf diesen Moment der Grenzerfahrung und Grenzziehung, der Neugier und Reflexion, der Erkenntnis und Blindheit zu lenken, um in gemeinsamer Dis- kussion diesen intrikaten Anfang von Denken, Erkennen, Sehen und Dichten genauer fassen zu können.

Konzeption: Johannes Bartuschat, Nicola Gess, Hugues Marchal, Mireille Schnyder

www.staunen-projekt.com

Die Tagung findet im Hauptgebäude der Universität Zürich, Rämistrasse 71, Hörsaal KO2–F–152, statt.

MITTWOCH, 28.1.2015

18:00 Mireille Schnyder (Zürich) und Nicola Gess (Basel): Begrüßung und Eröffnung

18:30 Stefan Matuschek (Jena): Die Ränder der Erkenntnis. Die zwei Seiten des philosophischen Staunens

 

DONNERSTAG, 29.1.2015

Moderation: Mireille Schnyder (Zürich)

9:00 Catherine Newmark (Berlin): Philosophisches Staunen. Zur Funktion und Funktionalisierung einer emotionalen Kategorie im Geschäft der Erkenntnis

10:00 Marc-Aeilko Aris (München): Staunen und Transzendenz

11:30 Anna Laura Puliafito (Basel): Über admiratio und stupor in der Naturphilosophie des XVI. Jahrhundert

 

Moderation: Johannes Bartuschat (Zürich)

14:00 Marc Deramaix (Rouen): Dicere apposite ad admirationem. L'Actius: théorie et pratique de l'admiratio chez Pontano et chez Sannazaro

15:00 Claus Zittel (Stuttgart): Spielräume des Staunens im Anschluss an Descartes

 

Moderation: Hugues Marchal (Basel)

16:30 Adrien Paschoud (Lausanne): Etonnement et échelle des temporalités dans l'écriture philosophique de Diderot

17:30 Reinhard Möller (Berlin): Ästhetiken gegenstandsbezogenen Staunens im späten 18. Jahrhundert (Kant, Burke, Garve, Herder)

 

FREITAG, 30.1.2015

 

Moderation: Mireille Schnyder (Zürich)

9:00 Selena Rhinisperger (Zürich): Poetik des Staunens im Artusroman

9:45 Thibaud Martinetti (Basel): Faire face au monde inattendu de l'insecte. La mise en récit de l'étonnement chez Michelet et Maeterlinck

 

Moderation: Nicola Gess (Basel)

11:00 Andrea Elmer (Zürich): Von der Rhetorik in die Poetik: Der Begriff der admiratio bei Poliziano, Pontano und Vida

11:45 Micha Huff (Basel): Einfaltung kleiner Prosaformen in den Roman um 1800

 

Moderation: Constanze Geisthardt (Zürich)

14:00 Martin Baisch (Hamburg): Neugier – Faszination – Ambiguität. Inszenierungsformen und -funktionen im höfischen Roman

15:00 Klaus Ridder (Tübingen): Staunen- und Leidensinszenierung: Stimmungen am Gral im Parzivalroman Wolframs

16:30 Udo Friedrich (Köln): Spannungen von realem und fiktionalen Staunen in Reisen des Mittelalters und der frühen Neuzeit

17:30 David Ganz (Zürich): Der Blick auf die Schatzkunst. Inszenatorische Strategien zwischen Mittelalter und früher Neuzeit

 

SAMSTAG, 31.1.2015

 

Moderation: Nicola Gess (Basel)

9:00 Jan Niklas Howe (Berlin): Das Leben ist arm an Ungeheuern. Monstrosität und Caprice im 19. Jahrhundert

10:00 Lorenz Aggermann (Gießen): Erst das Loch bestimmt den Status eines Körpers im Raum. Schrecken und Staunen am Beispiel des offenen Mundes

11:30 Johannes Windrich (Berlin): Ergriffenheit. Staunen als Zäsur



Gäste sind herzlich willkommen!


Dr. Maximilian Benz

Koordination (in Vertretung)
Sinergia-Projekt Poetik und Ästhetik des Staunens / Poétique et esthétique de l'étonnement / Poetics and Aesthetics of Amazement

http://staunen-projekt.com

Universität Zürich
Deutsches Seminar
Schönberggasse 9
8001 Zürich
Schweiz

Tel.: 0041 (0)44 634 25 77
Fax: 0041 (0)44 634 49 05


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