[Mediaevistik] Altfranzösisch und Wolfram

Ulrich Müller ulrich.mueller at sbg.ac.at
So Sep 25 12:20:46 CEST 2011


Lieber Herr Reichert, liebe Liste,

 

nach meinen Erfahrungen ist die Diskussion um die Apokope eine
„Augenphilologie“. Bei damaligen Rezitieren oder Singen war es
gleichgueltig, wie das  geschrieben war, denn beim Vortrag wurde wohl je
nach Lust und Laune der Vortragenden „verschliffen“ – man muss nur einmal
heutige Saenger/innen anhoeren oder sich ganz schlicht in einen Gottesdienst
setzen ….

 

Mit besten Gruessen, Ulrich Mueller

 

Zum Thema „Augenphilologie“ siehe das Attachment.

 

  _____  

Von: mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de
[mailto:mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de] Im Auftrag von
Hermann Reichert
Gesendet: Sonntag, 25. September 2011 08:53
An: 'Mediaevistik: Kulturen des deutschsprachigen Mittelalters'
Betreff: Re: [Mediaevistik] Altfranzösisch und Wolfram

 

Liebe Liste, herzlichen Dank an Herrn Stolz für den Hinweis, dass außer den
10 von mir kontrollierten Hss auch alle anderen an dieser Stelle
apokopieren. In der Berner Editionsprobe sieht man das wunderschön. Das
erhellt aber die Relevanz meiner Frage: Wenn der Archetypus apokopiert (das
war mir nach der Kontrolle 10 wichtiger Hss schon sicher) – muss es dann
Wolfram auch getan haben? Ich bitte also die Liste: wer wirklich kompetent
in Altfranzösisch ist (oder jemanden kennt, der es ist und diese Mail
gezielt an die Romanistik weiterschicken kann), möge bitte helfen: sprach
man um 1200 ‚roiame‘ oder ‚roiam‘?

Mit herzlichen Grüßen

Hermann Reichert

 

 

Von: mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de
[mailto:mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de] Im Auftrag von
Stolz, Michael (GERM)
Gesendet: Samstag, 24. September 2011 21:18
An: Mediaevistik: Kulturen des deutschsprachigen Mittelalters
Betreff: Re: [Mediaevistik] Altfranzösisch und Wolfram

 

Lieber Herr Reichert,

 

dass in Parzival 251,3–4, alle Handschriften apokopieren, bestätigt sich im
Blick auf die Editionsprobe des Parzival-Projekts:

 

http://www.parzival.unibe.ch/editionen.html

 

Auf "Verse 249.1–249.30" gehen, dort die Siglenleisten der Handschriften
anklicken und bis zu Vers 251,3 f. durchscrollen (es sind jeweils die
Transkriptionen von Vers 249,1 bis 255,30 eingebunden). In einigen
Handschriften sind die Verse allerdings entstellt.

 

Ob um 1200 für die Aussprache von französisch "roiame" bereits ein "e muet"
(also "roiam") anzusetzen ist, das in Wolframs Text als "royam" erscheint,
müssten uns berufene Sprachwissenschaftler/innen bestätigen.

 

Mit herzlichen Grüssen

 

Michael Stolz

 

-- 

Prof. Dr. Michael Stolz

Universitaet Bern

Institut fuer Germanistik

Laenggass-Str. 49

CH-3000 Bern 9

 

Tel.: +41 31 631 83 04

Fax: +41 31 631 37 88

E-mail: michael.stolz at germ.unibe.ch

URL:  <http://www.parzival.unibe.ch/stolz/>
http://www.parzival.unibe.ch/stolz/

 

 

Von: Hermann Reichert <hermann.reichert at univie.ac.at>
Antworten an: "Mediaevistik: Kulturen des deutschsprachigen Mittelalters"
<mediaevistik at mailman.uni-regensburg.de>
Datum: Sat, 24 Sep 2011 16:04:38 +0200
An: 'Das deutschsprachige Mittelalter'
<mediaevistik at mailman.uni-regensburg.de>
Betreff: [Mediaevistik] Altfranzösisch und Wolfram

 

Liebe Liste, Zwierzina, ZfdA  46 (1900), S. 54, nennt unter den vielen
Belegen für seine Ansicht, dass Wolfram von Eschenbach von der Apokope kaum
Gebrauch machte, obwohl die Handschriften stark apokopieren, Parzival
251,3-4: 

Der bürge wirtes royame,  

 Terre de_Salvæsche ist sîn name. 

Hier haben alle Textzeugen, auch die Zwierzina nicht bekannt gewesenen,
Apokope im Reim. Zwierzina geht davon aus, dass altfranzösisch roiame
gesprochen wurde, also für Wolfram auch name anzusetzen ist. 

Wer kann so gut Altfranzösisch, um die Frage zu beantworten: Wie sicher ist
es, dass um 1200 französisch roiame gesprochen wurde, und nicht etwa roiam?
In vielen Fällen hat Zwierzina allerdings, glaube ich, Recht; an sich wäre
es für die generelle Einstellung zu den Apokopen bei Wolfram nicht
entscheidend, dass einige seiner Belege nicht Stich halten; aber diese
Stelle wäre deswegen interessant, weil hier wirklich alle Handschriften (ich
verglich DGIOTmno F21 F69) apokopieren.  

Mit herzlichen Grüßen

Hermann Reichert

 

  

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