[Mediaevistik] Wtrlt: CFP: Vergessene Texte des Mittelalters, Göttingen (04.04.2011)
Bettina Wagner
Bettina.Wagner at bsb-muenchen.de
Di Mär 1 12:16:59 CET 2011
From: Björn Reich <caligo_aeterna at gmx.de>
Subject: CFP: Vergessene Texte des Mittelalters, Göttingen (04.04.2011)
Date: Tuesday, March 01, 2011 11:55 AM
Vergessene Texte des Mittelalters
Göttingen, Historische Sternwarte; 2. bis 4. Dezember 2011
Vergessene Texte des Mittelalters * man kennt sie und kennt sie doch
nicht. Ihre Titel sind oft noch bekannt, gelesen werden sie selten.
Wer abseitige Literatur sucht, findet sie in allen Sprachen und
Gattungen: selten intonierte Minnesänger (Bernger von Horheim, Graf
Kraft von Toggenburg), von ihren Zeitgenossen noch vielgelesene
geistliche Autoren des Spätmittelalters (Otto von Passau, Marquard
von Lindau) oder Anleitungen zum Turnier-und Ritterwesen (Geoffroi de
Charny) genauso wie unbeachtete Erzähltexte in Deutsch (die
Minneromane Bertholds von Holle, der Artusroman *Wigamur*, der
*Malagis* aus der späten chanson de geste, die enfance-Geschichte
*Johann aus dem Baumgarten* oder die *Weberschlacht*), Latein (Hugos
von Mâcon *gesta militum*, Stephans von Rouen historisches Epos
*Draco Normannicus* oder die *Historia Alexandri Magni* des
Quilichinus von Spoleto), Französisch (Geoffrois de Nés
Heiligenviten) oder Englisch/Schottisch (John Lydgates Antikenromane,
Gavin Douglas* Traumallegorie *Palis of Honoure*). Einige von ihnen
sind schon bald nach ihrer Entstehung wieder in Vergessenheit
geraten, andere wurden weit rezipert, und sind doch heute weitgehend
unbekannt.
Vor nicht allzu langer Zeit war es in der Forschung verpöhnt, sich
mit solchen Texten zu beschäftigen. Schnell konnte es das Todesurteil
einer wissenschaftlichen Karriere bedeuten, wenn sich jemand allzu
genau für sie interessierte. Sie dienten und dienen vielleicht gerne
noch als Dokumente für Zeitgeschichte oder wurden als Steinbruch für
realienkundliche oder mentalitätshistorische Fragen (Hofzucht,
Waffengattungen, Kleidung etc.) ausgewertet, in der
Literaturgeschichtsschreibung dagegen wurden sie teils aus
ästhetischen Gründen abqualifiziert, teils aus ethischen Gründen als
*unanständig* zurückgewiesen.
Glücklicherweise hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein Wandel
vollzogen. Die Anzahl der Forschungsarbeiten zu *Randtexten* hat
zugenommen und einige der früher weniger beachteten Werke sind
mittlerweile fest in der Forschung etabliert. Dieser Wandel darf
nicht über die Masse von Texten, die in Forschungspublikationen nur
geringe Beachtung finden, hinwegtäuschen. Trotz des Aufbrechens
früherer Wertungen hat sich gerade in der Durchsetzung neuer
Studiengänge in der universitären Lehre ein Kanon von Klassikern
festgesetzt, der gegenüber früheren Vorlieben nur geringfügig
verändert ist und abermals Autoren an den Rand drängt * nun aber
vordergründig nicht mehr aus ästhetischen, sondern aus Gründen des
Zeitmanagements.
Mit der Tagung wollen wir solchen von der Forschung vergessenen
Texten ein Forum bieten. Unser Interesse ist vorrangig ein
literarhistorisches. Wir fragen danach, wie eine intensive
Beschäftigung mit ihnen die Literaturgeschichte differenzieren und
ergänzen kann. Dabei verzichten wir bewusst auf theoretische Zwänge,
um die Relektüre dieser Werke als Chance für neue Perspektiven zu
begreifen. Gesucht werden Beiträge zu einzelnen Texten, die vor dem
Hintergrund ihrer Tradition in ihrer Eigenart gewürdigt werden sollen
und zu denen nur wenig Forschungsliteratur existiert. Vorschläge
(max. 1 Seite) für 30-minütige Vorträge, gerne auch von
Nachwuchswissenschaftlern, bitte bis zum 4.4.2011 an:
VergesseneTexte at gmx.de
Nathanael Busch (Marburg)
Björn Reich (Göttingen)
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