[Mediaevistik] Call for papers: Buchkulturen des deutschen Humanismus

Eisermann, Falk Falk.Eisermann at sbb.spk-berlin.de
Mon Nov 16 15:57:02 CET 2009


               Call for Papers


Buchkulturen des deutschen Humanismus (1430-1530)


Netzwerke und Kristallisationspunkte des Humanismus

im deutschen Sprachraum

Interdisziplinäre Tagung  

des Interdisziplinären Zentrums "Mittelalter - Renaissance - Frühe Neuzeit" der Freien Universität Berlin 

in Kooperation mit der Staatsbibliothek zu Berlin

 


März 2011


Humanismus im deutschen Sprachraum.  Ziel der Tagung ist es, der Frage nachzugehen, inwiefern sich im Blick auf die Genese und Entfaltungsformen >humanistischer Kulturen< von der Ausprägung eines spezifisch >transalpinen Humanismus< im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sprechen lässt. Was sind die charakteristischen Merkmale und Bedingungen, die es erlauben, die Etablierung eines >deutschen Humanismus< im Verhältnis zu humanistischen Strömungen und Formationen im europäischen Kontext zu beschreiben? Welche geistes- und sozialgeschichtlichen Voraussetzungen bzw. welche politischen Faktoren sind in Anschlag zu bringen, um humanistische Entwicklungen im deutschen Sprachgebiet zu konturieren? Inwiefern ist es gerechtfertigt, einen >deutschen Humanismus< als Gesamtphänomen oder eigenständig beschreibbares kulturelles Milieu auszuweisen?

Aufgeworfen ist mit dieser Untersuchungsperspektive unweigerlich die grundsätzlichere Frage nach der Definition und Verwendungsweise der Begriffe >Humanismus< bzw. >humanistisch<, d.h. nach den Kriterien und dem Bedeutungsumfang der Beschreibungskategorie selbst. Die Tagung stellt sich bewusst disziplinär wie methodisch kontrovers diskutierten Ansätzen und sucht die Problematik des Humanismus-Begriffs durch eine interdisziplinär angelegte Auseinandersetzung fruchtbar zu machen, um kulturspezifische Differenzkriterien im Blick auf den deutschen Sprachraum zu gewinnen.

Buchkulturen. Der Fokus auf den Leitbegriff >Buchkulturen< ermöglicht es, die Vielschichtigkeit von Komponenten, Akteuren und Einflüssen, die für die Konturierung einer humanistischen Kultur im deutschen Sprachraum einzubeziehen sind, in den Blick zu nehmen. Mit der Entstehung des Buchdrucks werden Verlags- und Publikationswesen im Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert zum Kristallisationspunkt humanistischer Netzwerke und Strategien. Eingedenk der engen Kooperationen zwischen Druckern, Verlegern, Künstlern, Gelehrten, Sammlern etc. werden Offizine zu Umschlagsorten, Steuerungs- und Umsetzungsinstanzen einer buchbasierten Wissensvermittlung.  Anhand dieser Buchkulturen lassen sich Kommunikationswege und Organisationsformen, Zirkelbildungen und Austauschprozesse humanistischer Milieus quer zu Disziplinen und Institutionen sichtbar machen. Über einzelne Protagonisten, Interessenverbände oder Institutionen hinaus werden Formen und Mittel der Distribution, Aneignung und Vermittlung von Wissensbeständen rekonstruierbar. Auf medialer Ebene manifestieren sich Wechselwirkungen zwischen künstlerischer Praxis und theoretischen Diskursen, die es ermöglichen, nach den Aus- und Rückwirkungen auf disziplinäre Entwicklungen wie politisch-soziale Strukturbildungen zu fragen.

Mit der Konzentration des Untersuchungszeitraums auf die Phase von 1430 bis 1530, d.h. auf die Spanne von den Konzilien (Basel, Ferrara, Florenz, Rom) bis zum beginnenden Reformationszeitalter ist eine entscheidende Umbruch- und Übergangsphase zur Buchproduktion in Deutschland gefasst, an der sich die Entwicklung eines Humanismus im deutschen Sprachraum kondensiert.

Netzwerke und Kristallisationspunkte. Ausgehend von der Etablierung und Entwicklung  des Buchwesens gilt es, Positionierungen und Vernetzungen, informelle Strukturen und systematische Interessenverflechtungen, Austauschformen und -medien sichtbar zu machen. 

Der Humanismus im deutschen Sprachraum als geistesgeschichtliches Gesamtphänomen zeigt - eingedenk der spezifischen Faktoren, Rahmenbedingungen und historisch-politischen wie konfessionellen Konstellationen - eine Eigenständigkeit und -dynamik, die einer genaueren Charakterisierung zu unterziehen ist, ohne dabei allein einzelne Persönlichkeiten in den Blick zu nehmen.

Die skizzierte Schlüsselposition der Buchkulturen gibt die Möglichkeit, eine interdisziplinäre Diskussion zu eröffnen, sowie Kompetenzen und Befunde aus unterschiedlichen Forschungsbereichen miteinander zu konfrontieren. 

Angesprochene Disziplinen: Bibliothekswissenschaften - Buchhistorie - Buchrestaurierung - Druck- und Verlagsgeschichte - Handschriftenexperten/innen - Kunst- und Bildwissenschaften - Philosophie - Editionswissenschaften - Philologien - Theologie - Politik - Geschichtswissenschaften - Sprachwissenschaften - Historische Medienwissenschaften - Musikwissenschaften.

Call for Papers. Zu den nachfolgend skizzierten Untersuchungsperspektiven und -dimensionen des Humanismus im deutschen Sprachgebiet wird um Beiträge gebeten:

1) Künstler- und Gelehrtenkreise im deutschen Humanismus: Sodalitäten, höfische Zirkel, universitäre Lagerbildungen, Künstlerkreise, Werkstätten, Schulen.

2) Buchdruck und Gelehrtenrepublik: Offizine als Angelpunkte humanistischer Wissenskulturen (Austausch und Kooperation zwischen Druckern, Verlegern und Gelehrten, Künstlern, Mäzenen, politischen Funktionsträgern etc.).

3) Zentren der Buchpublikation: Nürnberg - Augsburg - Wittenberg - Basel - Straßburg - Leipzig etc.

4) Vom Manuskript zum Druckwerk: Voraussetzungen der Drucklegung, Kooperationen (Imprimatur und Zensur, Widmungen/Zueignungen, Autorisierungsstrategien, anonyme Schriften etc.).

5) Drucker - Künstler/Druckstockschneider - Verleger: Interferenzen von Text und Bild in der Buchproduktion.

6) Bildauffassungen und Bildtechniken im Wandel: Zur Veränderung von bildnerischer Praxis, Bildprogrammen und Bildwahrnehmung im Kontext von Drucktechnik und Publikationswesen - Funktionen und Funktionalisierungen von Bildern im Buchwesen - Wege der Distribution - Veränderung der Rezeption.

7) Politische Dimensionen des Verlagswesens: Verlagsprogramme - Medien der Publizität und der politischen Positionierung (Bücher, Flugschriften, Kalender, Einblattdrucke, Editionen etc.) - Expansion von Publizität.

8) Buchdruck an der Schwelle zur Reformation: sozialethische bzw. reformorientierte Strategien im Kontext der Distribution von Drucken.

9) Editionen und Übersetzungen: verlegerische Initiativen im deutschen Humanismus - Prozesse des Transfers im europäischen Kontext.

10) Die Jagd nach Schätzen: Sammelwesen, Bibliotheken, private bzw. höfische oder monastische Sammelkulturen.

11) Bucheinband und Buchgestaltung.

12) Von der Vortragskultur zur Lesekultur, vom singulären Gemälde zum seriellen Druckbild: zur kulturellen Veränderung von Wahrnehmungsbedingungen.

Um Vorschläge für Vorträge bitten wir

bis zum 18. Dezember 2009

an das

 

Interdisziplinäre Zentrum "Mittelalter - Renaissance - Frühe Neuzeit"

Freie Universität Berlin

Habelschwerdter Allee 30

14195 Berlin

Katharina Richter (marefn at fu-berlin.de)

Tel.: 030-838 520 30

 

Mit besten Grüßen,

das Planungsteam

 

Dr. Elke Anna Werner, Prof. Dr. Ursula Kocher, Prof. Dr. Anne Eusterschulte, 

Katharina Richter (Freie Universität Berlin, IZ "Mittelalter - Renaissance - Frühe Neuzeit"); 

Dr. Falk Eisermann, Prof. Dr. Eef Overgaauw (Staatsbibliothek zu Berlin)

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