[Mediaevistik] kein Graf
"Dr. Jürgen Wolf"
wolf at bbaw.de
Mon Mar 19 20:09:00 CET 2007
Liebe Streiterin wider den schrecklichen Grafen,
das war ja eine heftige Diskussion rund um 'meinen' alten Marburger
Kollegen. Er war schon immer ganz besonders charmant. Im Oberseminar in
grauer Vorzeit haben wir so manchen Kampf ausgetragen, wobei er auch
schon damals mitunter die Spielregeln' nicht nur mißachtet, sondern
schlichtweg einfach gar nicht gekannt zu haben scheint! Das finale
Ausschließen gefällt mir allerdings gar nicht, allerdings machen wir es
mit Sohn und Tochter in Extremfällen auch so (für 10 Minuten ab ins
Zimmer ...).
Aber nun zum Ernst des Lebens:
Ich habe die FWHB nach Alexandern durchsucht und reichlich Alexander
gefunden. Ganz besonders interessant für das Brinkersche Ansinnen
erscheinen mir:
A) I 70b/10 = Curtius Rufus-Ausgabe, Utrecht 1693.
--> reich bebilderte Ausgabe.
--> Bebildert sind im Sinne von Exempla für die aktuelle Lebensführung
bevorzugt die Helden (Könige), Gelehrten (Aristoteles, Diogenes,
Demosthenes), Götter, die Städte, Tempel und die Heeresaufstellungen
B) I 65/a5
Johann Matthias Schröcks Lehrbuch der allgemeinen Welötgeschichte zum
Gebrauch bey dem ersten Unterrichte der Jugend, Berlin/Stettin 1774
--> unbebildert
--> in der FWHB ist auch noch eine weitere Auflage vorhanden II 196/b4.
Das Lehrbuch mit einem großen Alexander-Kapitel (S. 181ff.) scheint also
sehr beliebt gewesen zu sein.
C) II 195/b14
Allgemeine Weltgeschichte für Kinder von Johann Matthias Schröck, Erster
Theil, Leipzig 1779 (weitere Teile: 17797-819
--> Laut Vorrede mehr als eine Sittenlehre, sondern zugleich Lehrbuch
und Vorbildsammlung für Geschichte, Rhetorik, Kunst und Kultur, Handel
und Wandel, Technik, Kriegskunst usw.
--> reich bebildert
--> das umfangreiche Alexander-Kapitel S. 260-272 schließt mit einem
bitteren Fazit über das Leben dieses großen Helden:
"Man sah nach seinem Tode, wie wenig Nutzen er durch so viele Siege und
Eroberungen für sein Reich und seine Familie gestiftet habe. Er hatte
das mächtigste Reich in drey Theilen der Welt errichtet. Aber es wurde
sogleich zertrümmert; seine familie bekam nichts davon; sie wurde sogar
bald darauf ermordet ... Unterdessen haben öfters auch solche
Handlungen, welche die Menschen bloß zur Stillung ihrer Begierde
vornehmen, nuetzliche Folgen, auf die sie wenig oder gar nicht bedacht
gewesen waren."
D) Für den bildungsgeschichtlichen Horizont ebenfalls sehr
aufschlußreich erschien mir Jul. August Remers Handbuch der allg.
Geschichte, Braunschweig 1783.
--> Im ersten Teil wird die persische und griechische Geschichte
umfassend abgehandelt. Zentral sind Philipp von Macedonien (S. 209ff.)
und natürlich Alexander (S. 214ff.). Interessant ist, dass das ganze
Werk mit detaillierten Quellenangaben durchsetzt ist --> Curtius Rufus!
Alexander war also im 17./18. Jh. ungebrochen präsent und populär.
Soweit die Freitagserträge aus der FWHB. Die Bilder aus Curtius Rufus
und Schröck werden gerade digitalisiert.
Ansonsten:
Herzliche Grüße und gute Erholung von den Graf-Kämpfen.
Jürgen Wolf
P.S.: Ich kämpfe gerade mit der WBG, da mein Hartmann-Manuskript trotz
der eingehaltenen Vorgaben für die Manuskriptseitenzahl doch irgendwie
zu lang geraten ist (20 Seiten - oh je - was schmeißt man weg).