AW: [Mediaevistik] Zum Ausschluß von Herr Graf

Brinker-von der Heyde brinker at uni-kassel.de
Fre Mar 16 20:59:29 CET 2007


nachdem ich ja an der zum Ausschluß von Herrn Graf führenden Debatte leicht
beteiligt war, möchte ich doch kurz Stellung nehmen zu der jetzt sich erneut
anbahnenden Kontroverse um Herrn Graf. 
Ich bin auch nicht glücklich über dessen Ausschluß, es ist aber meines
Erachtens etwas unfair den beiden Betreibern der mailinglist, ohne die
genauen Gründe zu kennen (die persönlichen mails sind ja dankenswerterweise
nicht über die Liste gelaufen) Herrn Graf als Opfer von auf Kuscheln
ausgerichteten Mediävisten hinzustellen. Herr Graf hat ohne Zweifel wichtige
Beiträge geleistet und viele Informationen verschickt, die lesens-
beachtens- und erinnerungswert waren. Niemand - denke ich - spricht ihm sein
profundes Wissen zu allen Belangen des Netzes und dessen wissenschaftlicher
Nutzung ab. Von einer fruchtbaren Diskussion, die seine Beiträge angestossen
hätten, kann ich allerdings nichts finden. Herr Graf hat informiert,
abgekanzelt und die Wahrheit für sich beansprucht. Wer nicht auf seinem
Level war, kam für ihn als Kommunikationspartner nicht in Betracht. Und dies
war ausgesprochen hinderlich für eine echte und intensive
Auseinandersetzung. Wer Kritik übt, der muss auch Kritik einstecken können,
das gilt nicht nur im akademischen Bereich, dort aber ist es ganz besonders
unabdingbar. Und natürlich kann Kritik auch scharf formuliert werden, aber
sie darf nicht diffamierend sein. Und genau dies war und ist bei Herrn Graf
der Fall. Interessant an einer mailing list ist aber doch die Heterogenität
des Wissens, der Persönlichkeiten, der Themen. Wer in einer solchen
mitmacht, der muss sich halt auch mal mit Leuten abgeben, die vielleicht
ganz andere Wissensschwerpunkte haben, dennoch aber mehr über andere
erfahren und lernen wollen. Und da ist es äußerst unzuträglich, auf dem
hohen Roß oder im Elfenbeinturm des open access zu sitzen und einfache
Informationen zu verweigern. Nicht jeder hat die Zeit, alle angegebenen
Links zu besuchen und zu studieren. Hätte er dies, dann müsste er ja nicht
nachfragen oder auch mal Falsches schreiben. Insofern dienen Herrn Grafs
Beiträge der eigenen Information, nicht aber einem anregenden Diskurs, der
erst eigentlich produktiv würde.

Nur soviel, weil es mir nicht ganz wohl dabei ist, wenn plötzlich derjenige,
der andauernd Irritationen hervorgerufen hat auf der Ebene
zwischenmenschlichen Umgangs zu einer Art Säulenheiligen erhoben wird. Ob
ein Ausschluss deswegen wirklich gerechtfertigt ist, vermag ich aus
fehlenden internen Informationen nicht zu entscheiden.
Freundlich grüßend
Claudia Brinker  

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de
[mailto:mediaevistik-bounces at mailman.uni-regensburg.de] Im Auftrag von
Andreas Praefcke
Gesendet: Freitag, 16. März 2007 17:33
An: mediaevistik at mailman.uni-regensburg.de
Betreff: Re: [Mediaevistik] Zum Ausschluß von Herr Graf

Ich habe als Nichtmediävist bisher gerne die Liste mitgelesen. Aber wenn das
eigentlich einzige meinungsstarke Mitglied herausgeworfen wird, werde ich
natürlich auch meine Subskription sofort einstellen.

Wissenschaft ist dann für den Nichtspezialisten (wie mich) interessant, wenn
sie kontrovers ist und wenn diskutiert wird, je streitlustiger, desto
besser. Da die Rhetorik nicht mehr zu den Grundfächern der Universität
gehört, hat sich die Diskussion heutzutage aber in Fußnotenapparate und
hauchfeine Andeutungen in Rezensionen verzogen. Offizielle Verlautbarungen
und groß angekündigte Projekte haben wir genug: was aber immer nur in
Hinterzimmern und Kaffeepausen geäußert wird, sind Meinungen. Und für die
ist das Internet für die Beobachter außerhalb des Wissenschaftsbetriebs
inzwischen fast das einzige Forum.

Dass die deutsche Mediaevistik in einer unseligen Versenkung mit viel zu
kleiner Öffentlichkeit und viel zu teuren viel zu speziellen Publikationen
gerutscht ist, verstehe ich angesichts des anscheinend gewünschten
Kuscheltons in der Diskussion und der Darstellung der Profession nach außen
durchaus. Bei den Bibliothekaren ist das übrigens genauso: außer Herrn Graf
äußert in den entsprechenden Listen niemals irgendjemand die leiseste Kritik
an irgendetwas. Was ist das? Ängstlichkeit? Mangelnde
Diskussionsfreudigkeit? Korpsgeist? Naja, mir ist das letztlich egal:
Gähnende Langeweile wird hier eintreten, und ich wünsche noch viel Spaß beim
Kuscheln.

 - Andreas Praefcke
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