[Mediaevistik] ? Raetselfreunde aufgepasst

Klaus Graf klaus.graf at geschichte.uni-freiburg.de
Mit Jan 10 23:50:19 CET 2007


Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Bd. 1.2:
Zusätzliche Texte Sagenkonkordanz, hrsg. von Heinz Rölleke,
Stuttgart 2006 druckt erstmals (editio princeps, § 71 UrhG)
die von den Bruedern um 1810 erstellte "Sagenkonkordanz",
das erste Typenverzeichnis der Erzaehlforschung, das Belege
fuer Erzaehlmotive von A bis Z auflistet. Es enthaelt auch
6 Blaetter von fremder Hand mit einem offenbar
spaetmittelalterlichen Raetselbuch-Text (S. 305-307).

Auszug:

Rath, in welchem Lanndt sein cheine Pfert,
Antwort, im Schwaben Lanndt, da seindt Rosß.

Rath, wie mag einer Paur vnnd ain Burger sein,
Antwort, er soll ein Galgen vf ein Statmaur machen, vnnd
sich dran hennckhen lassen, wan in dan der Wind in die
Statt treibt, so ist er ein Burger. Treibt in aber der Wind
heruß, so ist er ein Paur (S. 307). 

Mich interessiert vor allem das erste Raetsel, zu dem es im
Grimmschen Wb. heisst:

"während nämlich ross in den niederdeutschen gebieten
allmählich völlig ausstirbt und perd den platz räumt,
gewinnt umgekehrt im oberdeutschen ross die oberhand und
verdrängt, wenigstens in der volkssprache, pferd
vollständig. die erscheinung läszt sich deutlich schon in
der älteren sprachperiode wahrnehmen. in einem ratbüchlein
aus dem 16. jahrh. heiszt es: ein frag, in welchem land
kein pferdt sey. antwort. Schwaben, do sein rosz. Haupts
zeitschr. 3, 33." Wackernagels Aufsatz ZfdA 3 (in
DigiZeitschriften kostenfrei online) druckt 60 Raetsel aus
dem Anfang des 16. Jh. von Froschauer gedruckten
Raetselbuch, wo es S. 33 Nr. 49 tatsaechlich heisst: "Ein
frag. In welchem landt kain pferdt sey. Ant. Schwaben do
sein Ross".

Falls jemand Experte fuer altdeutsche Raetsel ist oder die
entsprechende Literatur greifbar hat, waere ich fuer
Hinweise dankbar, welcher Text die Vorlage der
"Sagenkonkordanz" war.

Klaus Graf