[Mediaevistik] Call for papers Genfer Tagung Sept. 2008: "Die Predigt im Mittelalter zwischen Mündlichkeit, Bildlichkeit und Schriftlichkeit"
René Wetzel
Rene.Wetzel at lettres.unige.ch
Mit Apr 11 14:47:52 CEST 2007
Liebe Listenmitglieder,
das Genfer Teilprojekt "Mündlichkeit - Bildlichkeit -
Schriftlichkeit" (MüBiSch, vgl. www.muebisch.ch[1] ) des Schweizer
Nationalen Forschungsschwerpunktes "Medienwandel, Medienwechsel,
Medienwissen. Historische Perspektiven" (www.mediality.ch[2] )
organisiert vom 11.-13. September 2008 in Genf eine internationale
und interdisziplinär ausgerichtete Tagung zum Thema "Die Predigt im
Mittelalter zwischen Mündlichkeit, Bildlichkeit und Schriftlichkeit".
Bitte beachten Sie die Ausschreibung, die Sie unter folgender Adresse
als pdf-Dokument einsehen und runterladen können:
http://www.muebisch.ch/docs/mbs_tag2008_call_dt.pdf[3] Der
Ausschreibungstext folgt außerdem anschließend an diese Nachricht.
Bitte leiten Sie die Mitteilung auch an weitere mögliche
Interessenten weiter.
Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen
René Wetzel
Die Predigt im Mittelalter zwischen Mündlichkeit, Bildlichkeit und
Schriftlichkeit
Internationales Colloquium, Genf, 11.-13. September 2008
Die meisten der handschriftlich überlieferten Predigten des
Mittelalters fingieren als Muster- oder Lesepredigten im Medium der
Schrift die Situation der mündlich gehaltenen Predigt. Die
Mündlichkeit dieser Predigten ist also in der Regel eine rein
konzeptionelle, keine reale, da sie unter den Bedingungen der
Schriftlichkeit steht. Dennoch dürften solche Predigten – etwa im
Rahmen der klösterlichen Tischlesung – auch wieder mündlich
vorgelesen worden sein, wie sie auch zur Einzellektüre, Meditation
oder zur Vorbereitung eigener Predigten Verwendung finden konnten.
Durch ihren mündlichen Duktus ist auch die schriftlich niedergelegte
Predigt zum Hören gedacht. Sie ist im Akt des Vorlesens oder in der
lauten Einzellektüre akustisch auch wirklich wahrnehmbar, dagegen
wird die Stimme beim stillen Lesen nur mental imaginiert. Doch spielt
auch das Sehen, die Visualität, bei der Rezeption solcher Predigten
eine nicht unbedeutende Rolle, denn beim Vorlesen erhält der
Predigttext nicht nur eine Stimme, der Prediger verkörpert sich auch
in der optisch wahrnehmbaren und im Raum anwesenden Person des oder
der Vortragenden. Auch hier wird bei der Einzellektüre das
Prediger-Ich wieder mental vorgestellt. Zudem werden sprachliche
Bilder in der Predigt selbst ganz bewusst eingesetzt und evoziert
durch den Gebrauch von Metaphern, Vergleichen, Allegorien und
veranschaulichenden Exempeln. Die Bilder sollten dabei nicht nur
abstrakte theologische Gedankengänge veranschaulichen und durch eine
dem Publikum angepasste Vergleichswelt einsichtig machen, sondern
auch der besseren Memorierbarkeit und Verinnerlichung des
Gehörten/Gelesenen bzw. im Geist Gesehenen dienen wie auch der
späteren Überführung in die Lebenspraxis und Einübung. Gerade in
volkssprachlichen Predigten ad populum bzw. gerichtet an Nonnen und
Laienbrüder ist der Einsatz der Bildlichkeit massiv. Ob dies auch
damit zu tun hat, dass (allerdings materielle) Bilder als litteratura
laicorum angesehen wurden, als die den Illiteraten angemessene Art,
Heilswahrheiten zu rezipieren, wäre zu prüfen (Bilderkatechse).
Verschiedentlich wird auf jeden Fall die mündliche volkssprachliche
Erzählung und die Bilderwelt auf eine Stufe gesetzt und von der
(lateinisch geprägten) Schriftlichkeit der litterati abgegrenzt.
Bilder und bildhafte, exemplarische Erzählung werden oft als die dem
illiteraten Publikum angemessene Art der Aufnahme und Verarbeitung
von praktischem, moralischem, katechetischem und eschatologischem
Wissen und von Heilswahrheiten angesehen. In der Predigt wird
einerseits an ein bereits vorhandenes ikonographisches Bildwissen
appelliert wie andererseits auch neue mentale Bilder aufgebaut werden
können. Das Zusammenspiel zwischen der Aufnahme äußerer sinnlicher
Reize (vor allem optischer und akustischer Art) und ihrer
Verarbeitung durch imaginatio und ratio sowie ihrer Speicherung und
späteren Verfügbarmachung durch memoria wird im Mittelalter besonders
im Anschluss an die augustinische Tradition immer wieder beschrieben
(im deutschen Bereich etwa durch Thomasin von Zerclaere).
Die Tagung möchte auf interdisziplinäre Weise diesen Mechanismen
einer in ihrem Wesen multimedialen Predigt nachgehen. Theoretische
Ansätze aus dem Gebiet der Oralitäts- und Literalitätsforschung, der
Bildtheorie und Intermedialitätsforschung, der Medienwissenschaft und
historischen Anthropologie sowie natürlich der Predigtforschung sind
ebenso willkommen wie Ergebnisse aus der Auswertung
mittelalterlicher Predigthandbücher und Fallstudien am konkreten
Predigtmaterial. Schwerpunktmäßig sollen die Verhältnisse im
Spätmittelalter im Vordergrund stehen, ein besonderes Interesse gilt
der volksprachlichen und mystisch geprägten Predigt. Tagungssprachen
und Sprache der Beiträge: deutsch, französisch, italienisch und
englisch. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist geplant.
Organisiert wird die Tagung in Zusammenarbeit mit Franco Morenzoni
(Universität Genf) und Hans-Jochen Schiewer (Universität Freiburg i.
Br.) von René Wetzel (Universität Genf) und seinem Genfer
Forschungsprojekt ‚Mündlichkeit – Bildlichkeit – Schriftlichkeit’
(MüBiSch; www.muebisch.ch[4] ; Teil des Schweizer Nationalen
Forschungsschwerpunkts (NFS) ‚Medienwandel, Medienwechsel,
Medienwissen. Historische Perspektiven’), welches eine Edition der
‚Engelberger Predigten’ (Mitte 14. Jh.) vorbereitet.
Abstracts (maximal 1 Seite) können bis zum 15. Mai 2007 eingereicht
werden an: Prof. Dr. René Wetzel, Université de Genève, Département
de langue et littérature allemandes, Uni Bastions, CH-1211 Genève 4
(Rene.Wetzel at lettres.unige.ch[5] )
Weitere Informationen erteilen der Organisator oder
info at muebisch.ch[6] .
Liens:
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[1] http://www.muebisch.ch
[2] http://www.mediality.ch
[3] http://www.muebisch.ch/docs/mbs_tag2008_call_dt.pdf
[4] http://www.muebisch.ch
[5] mailto:Rene.Wetzel at lettres.unige.ch
[6] mailto:info at muebisch.ch
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