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<body bgcolor="#ffffff" text="#000000">
<p class="MsoNormal">Christian Hetz</p>
<p class="MsoNormal">Die Rolle des Sachsenspiegels in der Judikatur des
deutschen
Reichsgerichts in Zivilsachen, Gesamtbetrachung aller Entscheidungen
von 1879
bis 1945,</p>
<p class="MsoNormal">Solivagus Verlag Kiel 2010, € 32,00</p>
<p class="MsoNormal"><o:p> <br>
</o:p>Viele Historiker haben ein Problem, dessen sie sich manchmal
selbst nicht bewusst sind. Sie haben die Materie, mit der sie sich
befassen, nicht
gelernt. Insbesondere für das Mittelalter sind die wichtigsten Quellen
die Urkunden.
Über die Jahrhunderte hob man nur das auf, was für eventuelle
Streitigkeiten
wichtig war: Staatsverträge, Testamente, Vereinbarungen über
Grundstücke, Erb-
und Heiratsgut etc..<o:p></o:p>Derartige Urkunden sind zu allen Zeiten
von Juristen für
Juristen geschrieben worden. Einen notariellen Kaufvertrag, wie er
täglich
dutzendfach in ganz Deutschland den Kaufvertragsparteien von den
Notaren
vorgelesen wird, versteht inhaltlich niemand, der zum ersten Mal oder
auch nur
gelegentlich ein Grundstück kauft oder verkauft. Warum steht im Vertrag
nur das
Grundstück und nicht eine detaillierte Beschreibung der schicken Villa,
die
doch der Grund für den hohen Kaufpreis ist? Was sind eine
Auflassungsvormerkung
oder eine Belastungsvollmacht? Wo liegt der Unterschied zwischen
Urschrift,
Ausfertigung, beglaubigter und einfacher Abschrift?</p>
<p class="MsoNormal"><o:p></o:p>Christian Hetz hat mit obigem Titel
seine Dissertation über
die Nachwehen des Sachsenspiegels in der Rechtsprechung des
Reichsgerichts
vorgelegt. Über den Titel hinaus befasst er sich auch mit Spuren dieses
ursprünglich privaten Rechtsbuchs in der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes
und des Bundesverfassungsgerichts. Vielleicht liegt es an seiner
atypischen
Distanz zum Thema seiner Arbeit, dass diese im Gegensatz zu anderen
jüngeren
rechtshistorischen Dissertationen allgemeinverständlich geschrieben
ist. Hetz
hat in Salzburg und Wien Rechtswissenschaften studiert, was schon die
etwas
anders klingenden Fachbegriffe und Redewendungen verraten. Neben der
juristischen Ausbildung und einem Master of Laws hat er ein
Wirtschaftsingenieurstudium<span style="">  </span>und ein
Zusatzstudium für Informationsrecht und Rechtsinformation
abgeschlossen. Die
Dissertation über diesen Aspekt des Sachsenspiegels führt daher
unerwartet zu einem Dr.
Ing. </p>
<p class="MsoNormal"><o:p> </o:p>Für den Historiker sind die von ihm in
der Rechtsprechung
gefundenen Fälle eine Einführung in wichtige mittelalterliche
Rechtsprobleme.
Hetz beleuchtet mehrfach das Spannungsverhältnis zwischen dem
Sachsenspiegel
und dem römischen Recht, zeigt aber auch die Unbekümmert auf, mit der
die
Richter jeweils auf das Institut zurückgriffen, welches ihnen die
gewünschte
Lösung ermöglichte. Er behandelt die notwendige Zustimmung der Erben
bei
Vermögensverfügungen und den vergeblichen päpstlichen Versuch, im
Interesse des
Kirchenmögens diese Regelung des Sachsenspiegels außer Kraft zu setzen.
Hieran
war nach der Darstellung im Sachsenspiegel schon Karl der Große
gescheitert –
zumindest was den sächsischen Adel betraf. Angesprochene Rechtsgebiete
wie
eheliches Güterrecht, die Munt des Ehemannes, Anlandungen in Flüssen
und an
Ufern, Ersitzung, Verjährung, Schadensersatzrecht erlauben einen gut
verständlichen Streifzug durch den Sachsenspiegel. </p>
<p class="MsoNormal"><o:p></o:p>Hetz zeigt die jahrhunderte lange
Rechtstradition von der
Niederschrift des Sachsenspiegels bis zum Bundesverfassungsgericht
unserer
Zeit. Er schärft damit den Blick dafür, dass die Grundsätze des
Sachsenspiegels
auch schon in den Jahrhunderten vor seiner Kodifizierung Gültigkeit
hatten und
sich immer wieder in früheren Urkunden wiederfinden lassen.</p>
<p class="MsoNormal"><o:p> </o:p><br>
Dieter Riemer</p>
</body>
</html>