[Mediaevistik] Verzeichnis der griechischen Handschriften der Universitätsbibliothek Augsburg
Guenter Haegele
guenter.haegele at bibliothek.uni-augsburg.de
Mi Mai 14 11:45:10 CEST 2014
Verzeichnis der griechischen Handschriften
der Universitätsbibliothek Augsburg
Soeben ist in Heft 93/94 (2014) der Zeitschrift Codices Manuscripti &
Impressi der von Dr. RUDOLF S. STEFEC vom Institut für Byzantinistik und
Neogräzistik in Wien verfasste „Katalog der griechischen Handschriften der
Universitätsbibliothek Augsburg“ erschienen.
Sammlungsgeschichtlich bedingt ist der Bestand an griechischen
Handschriften der Universitätsbibliothek Augsburg nicht allzu umfangreich.
Die acht Handschriften datieren aus dem 12. bis 16. Jahrhundert. Zwei
Manuskripte stammen aus dem byzantinischen Kulturraum, zwei weitere sind
Produkte in Italien ansässiger griechischer Kopisten. Vier Handschriften
spiegeln die Interessen deutscher Humanisten bzw. deren Kontakte zum
Patriarchat von Konstantinopel wider.
Bemerkenswertestes Stück ist Cod. I.1.4°1 aus dem 12. Jahrhundert mit dem
Apokalypsenkommentar des Andreas von Kaisareia. Ihre Bekanntheit verdankt
die Handschrift weniger ihrer Textqualität als vielmehr ihren prominenten
Besitzern. Johannes von Ragusa hatte sie wohl um 1435 in Konstantinopel
erworben. Reuchlin erbat sich die Handschrift zum Studium, Erasmus von
Rotterdam für die Fertigstellung seiner Polyglotte. Bei deren Drucklegung
kam die Handschrift schließlich in Hieronymus Frobens Hände. 1553 vermerkte
Ottheinrich von der Pfalz auf dem ersten Blatt „Der Frobenius zu Basel hat
mirss geschenkt“. Auf welchen Wegen sie dann um 1664 in die Bibliothek der
Würzburger Jesuiten gelangte, ist ebenso unbekannt wie der Vorbesitzer, von
dem Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein sie 1816 erwerben konnte. Die
neutestamentliche Textforschung suchte bis ins 19. Jahrhundert vergeblich
nach diesem sogenannten „Codex Reuchlin“ mit seinen vielen singulären
Lesarten. Erst Friedrich Delitsch, der ihn 1861 in der
Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek entdeckte, konnte klarstellen, dass
es sich dabei nicht um einen besonders alten Textzeugen, sondern vielmehr
um eine stark fehlerhafte und am Ende unvollständige Kopie handelte, deren
fehlende Teile Erasmus bei der Arbeit an seiner Polyglotte kurzerhand durch
Rückübersetzung aus dem Lateinischen ins Griechische ergänzt hatte.
Die Universitätsbibliothek Augsburg stattet dem Autor für seine selbstlose
Erschließungsarbeit auch auf diesem Weg nochmals ihren Dank ab.
RUDOLF S. STEFEC: Katalog der griechischen Handschriften der
Universitätsbibliothek Augsburg. In: Codices Manuscripti & Impressi 93/94
(2014), S. 55-65 (mit Index und 11 Abb.)
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Dr. Günter Hägele
Leiter Abteilung II:
Handschriften, Alte Drucke, Sondersammlungen
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